Kunst im TURM

Im TANKTURM gibt es keine Ausstellungsräume im eigentlichen Sinn, sondern Transiträume: Kunst begleitet hier Wege und Arbeitsalltag. Das ist neben den faszinierenden Räumen des Gebäudes die Besonderheit. Kunst als Konstante auf Zeit findet sich im Architekturbüro, in den Proberäumen des KlangForum, im Seminarbereich und in den Turmräumen.

Abgesehen davon, dass der Bezug zur ungewöhnlichen Architektur hier immer eine Rolle spielt, wird die spartenübergreifende Konstellation der TANKTURM-Bewohner – des AAg Architekturbüros und der Ensembles des KlangForum Heidelberg – Themen ermöglichen, die sich auch in den Ausstellungen spiegeln werden: In diesem Haus wird an Formen gefeilt, über Form nachgedacht. Ich stelle mir vor, dass die Arbeiten das begleiten und mit-denken während sie da sind. Gleichzeitig spielt Kommunikation eine große Rolle: In diesem Energiefeld würde ich gerne alles ansiedeln, was dort künstlerisch geschieht.
Im Moment sind zwei Ausstellungen im Jahr fest geplant, dazwischen wird es sicherlich Events, Installationen oder kleinere Ausstellungen geben.
Die erste Ausstellung zeigt den Sammlungsbestand des AAg Architekturbüros, der hier erstmalig am neuen Ort installiert wird und Erweiterungen einerseits auf interessante regionale Positionen wie z.B. Barbara Hindahl und Miriam Holme (beide aus Mannheim) zeigt, wie auch überregionale wie z. B. Daniele Buetti oder Karin Schwarzbek aus der Schweiz. Es geht um die Vernetzung von Sparten und Fragestellungen und natürlich darum, den TANKTURM mit Künstlern und Institutionen als neuen, sehr besonderen Ort zu bespielen.

Text: Kurator Harald Kröner

KI: Kausale Inferenz

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Die aktuelle kleine Ausstellung zeigt innerhalb des gezeigten Sammlungsbestands (durch den Umbau des Betriebswerks in relativ räumlicher Enge) im Tankturm 4 künstlerische Positionen.

Adam Chau aus den USA mit einer kleinen Keramikarbeit (courtesy: Kunstforum Solothurn),Christoffer Joergensen aus Zürich mit einem Video, Peter Kraus aus Pforzheim mit Computerzeichnungen und Hannah Schemel aus aktuell Mailand mit Fotoarbeiten

(courtesy: Galerie Zimmermann, Mannheim).

Anlass war eine Tagung zu Künstlicher Intelligenz im Tankturm. Da nur eine Arbeit direkt mithilfe von K.I. entstanden ist, sich aber alle mehr oder weniger „im Vorfeld“ bewegen, haben wir auch die beiden momentan sehr berüchtigten Anfangsbuchstaben mit einem leicht abweichenden Inhalt gefüllt.

Kausalität ist die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung, Inferenz die Schlussfolgerung. Kausale Inferenz ist letztlich ein Verfahren zur Ableitung von Handlungsentscheidungen mithilfe sogenannter kontrafaktischer Zufallsvariablen, die das Fehlen empirischer Daten durch statistische Methoden kompensieren. Also neben dem Spiel mit den identischen Anfangsbuchstaben sind wir damit durchaus nahe an unserer aktuellen Situation der versuchten Einschätzung einer neuen Technologie, die möglicherweise für enorme gesellschaftliche Umwälzungen sorgen wird.

Diese kleine Zusammenstellung beantwortet sicherlich keine einzige Frage, vielleicht wirft sie ein Licht auf das Spannungsfeld, in jedem Fall aber setzt sie in dem bestehenden Rahmen Architektur und Sammlung in einen interessanten Kontrast.

Adam Chau (1988, USA) stellt blau-weisse Porzellanobjekte her, bei denen er Kobalt als Pigment verwendet. Dabei zieht er Parallelen sowohl zum historischen Handwerk mit einer langen Geschichte der Globalisierung als auch zu einem Material, das in der Elektronikindustrie verwendet wird. Die KI-generierten Bilder auf den in der Ausstellung gezeigten Tellern entstehen, indem Chau einer Software präzise Textanweisungen (prompts) eingibt, um bestimmte Arten von Bildern zu erhalten. „Ich habe mir für „Generated Love“ eine Welt vorgestellt, in der es keine Homophobie gibt, und mir die Frage gestellt, was wäre, wenn die Keramikkünstler im China der Ming-Dynastie schwul gewesen wären? Wie sähe unsere Welt aus, wenn wir die queere Identität feiern würden? Würden unsere Werke diese integrative Denkweise widerspiegeln? Ich sage der KI-Software, sie solle sich Töpferwaren vorstellen, in denen zwei Männer verliebt sind, da ich davon ausgehe, dass das Wort „Liebe“ subjektiv und für die Software bedeutungslos ist. So erhalte ich Bilder, die liebenswert sind und eine ganz bestimmte Art von Zuneigung vermitteln.“                           So Adam Chau in einer Mail. Ich fand besonders faszinierend, dass bei einigen der Motive, die Chau auf seinen Tellern abgebildet hat, die Protagonisten Gliedmassen an falschen Stellen oder in verwirrender Anordnung haben, die K.I. macht hier vielleicht zum letzten Mal Fehler, die den Ursprung der Bilder unfreiwillig preisgeben. Wir haben eines der Motive mit einem solchen verräterischen Detail in der Ausstellung.

Christoffer Joergensen (1978 Kopenhagen, lebt in Zürich) arbeitet tatsächlich in anderen Werkserien direkt mit K.I., um Vorlagen zu erstellen, die er dann weiter verarbeitet. Dem Video, das wir zeigen, liegt sogar eine analoge Vorlage zugrunde – die wir hier nicht verraten wollen – die von allen Seiten fotografiert, mittels eines Photogrammetrie-Programmes in ein dreidimensionales Computermodell übersetzt, eingefärbt, und dann in langsam ineinander rotierende Bewegungen versetzt wurde. Dadurch entstehen räumliche Konstellationen die einerseits eine Art meditativen Raum beschreiben, andererseits aber Alltagslogik und Erfahrung dessen zuwiderlaufen, was Räume und Flächen normalerweise „können“.

Ein derartiges Video könnte auch theoretisch eine KI erzeugt haben. Joergensen interessiert sich für die Möglichkeiten von Computergrafik und im Prinzip auch für das künstlerische Potential, das hinter KI stecken könnte, sagt aber auch: „Persönlich finde ich es sehr interessant, dass heute Artificial Intelligence häufig auch als eine Alien Intelligencebezeichnet wird, weil selbst für die Leute, die sie erschaffen haben, nicht mehr klar ist, wie sie genau funktioniert. Das gleiche könnte man aber auch über unsere eigene Intelligenz sagen.“

Peter Kraus (1964 Pforzheim)  war vor und neben der künstlerischen Arbeit ein raffinierter Graphiker und Typograph, eine Zeitlang auch sehr erfolgreich mit eigener Agentur. Er erstellt die Zeichnungen der Serie, die im Tankturm gezeigt wird, mittlerweile ausschliesslich am Computer (man könnte sie ja z.B. auch zeichnen, scannen und dann weiterbearbeiten) Zeichnungen, Schriften, technische Zeichnungen werden, um maschinenlesbar zu sein, immer in Vektoren übersetzt. Das sind eigentlich nur noch Zahlenreihen, die Koordinaten im Raum und Krümmungsverläufe zwischen zwei Punkten beschreiben.

Seine Zeichnungen sind von vorneherein vektoriell, er arbeitet also nicht mit Punktwolken die einen Umriss beschreiben, sondern originär mit Vektoren, die er in seinem Sinne manipuliert, um zu den Ergebnissen zu kommen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die vermeintlichen Enden einer Linie nur Kurven sind zwischen zwei Punkten, die weiter innen liegen und durch eine Zahlenkombination beschrieben werden. Die Typografie, die in den Bildern vorkommen, fußt mittlerweile auf einem funktionstüchtigen Font, den er nebenbei entwickelt hat.

Motivisch bleiben diese Zeichnungen in einer schwer zu ortenden Mitte, die immer eine Vielzahl von alternierenden Lesarten auslöst. Sie könnten fast dieses sein, vielleicht aber auch jenes und entziehen einem gleichzeitig unmerklich den sicheren Boden, weil man ahnt, dass irgendetwas an ihnen „nicht stimmt“. Man hat es mit zeichnerischen Lösungen zu tun, die nicht mit analogen Mitteln entstanden sein können, obwohl sie fast so aussehen.

Die Arbeiten werden im Giclé-Verfahren auf Bütten als Unikate gedruckt.

Hannah Schemel (1994 Bühl) schließlich manifestiert als jüngste der vier in der Ausstellung eine Art Gegenmodell zu KI, sie fotografiert analog, Grossbild, schwarzweiss, und belichtet die Aufnahmen auf einer Platin-Palladium-Emulsion aus, die sie von Hand auf eigens dafür hergestelltes, handgeschöpftes Papier aufträgt. Danach zerstört sie das Negativ.

Sie wählt also das langsamste, umständlichste, langwierigste, handwerklich denkbar am kompliziertesten auszuführende Verfahren, um eine einzige, präzis ausgewählte Aufnahme zu machen. Und natürlich tut sie das in einer Zeit, in der die schiere Masse fotografischer Aufnahmen auf Mobiltelefonen und in social media in eine totale Erschöpfung aller Beteiligten und eine umfassende Entwertung des Bildes geführt haben. Das Kompilieren von Bildern aus dem mittlerweile gespeicherten Bestand wird die Kombinationen, die durch KI möglich werden, ins Unermessliche katapultieren.  

Die beiden Arbeiten in der Ausstellung sind aus der Serie kigen (japanisch - der Ursprung),
an der sie seit  2017 im Schwarzwald arbeitet. Sie kehrt an Orte zurück, die sie seit ihrer Kindheit kennt. „Ich beobachte den Wandel und versuche zu verstehen“.

Sternbild Mensch: Nachleuchten

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Tom Menzi
„Dubai“

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Sternbild Mensch Betriebswerk Heidelberg

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vernissage und tanzperformance
„linien“
mit mitsuko hoshino, kate antrobus und nina wurman

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Eröffnungsrede zu „Sammlung“

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tout autour Maria Tackmann im Betriebswerk Heidelberg

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Ausstellung „Der alte Garten“ von Anne Schubert

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DIKTATUREN, Markus F. STRIEDER und Gert RIEL , kuratiert von Harald Kröner

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Ausstellung mit Werken von Gert Riel & Markus F. Strieder

Die Ausstellung nähert sich der Schwere des Themas DIKTATUREN in unmittelbar sinnlich erfahrbaren Kategorien.

Der Stahlbildhauer Gert Riel aus Buoch setzt Stahlplatten dauerhaft unter Spannung, was sie zu fast bedrohlich gespannten Federn macht, von denen man hofft, dass niemand sie jemals auslöst.

Die Arbeiten des in Frankreich lebenden Bildhauers Markus Friedemann Strieder wurden geschmiedet und man ahnt die massive Gewalteinwirkung, die nötig war, um diese massiven und in ihrer Massivität nachgerade Schwere atmenden Blöcken ihre aktuelle Form zu verleihen. Beide waren in zahlreichen Ausstellungen zu sehen, Gert Riel (*1941, Prien am Chiemsee) zurzeit im Museum Art Plus in Donaueschingen, Markus Strieder (*1961, Innsbruck) zuletzt in der Kunsthalle Göppingen und im Projektraum des Deutschen Künstlerbunds in Berlin.

Die Werke sind im TANKTURM und BETRIEBSWERK ausgestellt

Dauer der Ausstellung:
Werke von Gert Riel 25.10.2017 – 20.12.2017
Werke von Markus F. Strieder 25.10.2017 – voraussichtlich April 2018

Matthis Bacht Ampersand

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„Ampersand“ - Ein Kunstwerk, das über die Grenzen von Stadtteilen hinweg abstrahlt und verbindet.

Durch das Kippen, verlängern und um die Ecke biegen des stilisierten Schriftzeichens „&“ setzt es zwei Seiten eines Gebäudes miteinander in Beziehung. Sinnfällig steht es dabei auch für die lebendige Verbindung zwischen Architektur und dem Betrachter: Seine in der Nacht auffällig beleuchtete Kontur lädt zum Annähern, Umrunden und Erkunden der ausdrucksstarken Fassade des Tankturmes ein. Der Blick von den Balkonvorsprüngen des Gebäudes ermöglicht dabei die „Nahansicht“ und beschließt einen möglichen Rundgang.

In direkter Sichtbeziehung existiert ein zweites „Ampersand“ am Turm des Künstlerhaus Haus am Wehrsteg - ebenfalls einem Industriedenkmal speziellen Zuschnitts.

Der Titel „Ampersand“ stammt aus dem Englischen und bezeichnet das uns bekannte &- Zeichen.

Künstler: Matthis Bacht & Anna Heidenhain
Material: Aluminium, Licht, Lack
Größe: ca. 80x120x80 (HxBxT)
Unikat

Über die Künstler:
www.matthisbacht.de
www.annaheidenhain.com
www.hausamwehrsteg.de

Anna Heidenhain (*1979) lebt und arbeitet zur Zeit in Berlin. In der Region zeigt sie auch dauerhaft ihre Arbeit „Overview“ am Mannheimer Schloß. Sie ist Teil des international arbeitenden Künstlerkollektivs „nüans“.

Matthis Bacht (*1982) ist mit seiner Arbeit durch das Künstlerhaus Haus am Wehrsteg fest in der Region verankert. In 2016 ist mit „Ausstellungskiste“ (Arbeitstitel) eine größere Installation in der Kunsthalle Mannheim zu sehen.